Immissionsschutz

Das Neubaugebiet Hohlgrabenäcker zwischen Zuffenhausen und Zazenhausen wird von den Energieversorgern saniert. Aufgestoßen ist zunächst eine sehr unprofessionelle Durchführung der Bauarbeiten. Beim genaueren Hinsehen werden Mindesttrennabstände zwischen Starkstromkabeln und Telekommunikationskabeln nicht eingehalten. Durch die nachträgliche Starkstromkabeltrasse durch das Wohngebiet stellt sich auch die Frage nach dem Immissionsschutz.

 

 

Mindesttrennabstand zwischen Starkstromkabeln und Telekommunikationskabeln

Der Mindesttrennabstand zwischen Starkstromkabeln und Telekommunikationskabeln, beispielsweise nach der Norm DIN EN 50174-2 beträgt bis zu 300 Millimetern. Werden diese Mindesttrennabstände nicht eingehalten sind Störungen im Telekommunikationsbereich zu erwarten, ggf. werden sogar gefährliche Spannungen in die Telekommunikationskabel induziert. Es ist davon auszugehen, dass die neue Starkstromtrasse die Funktion der bestehenden Telekommunikationskabel beeinträchtigt.

 

 

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Zu den bereits bestehenden Versorgungskabeln werden acht neue parallele Rohre für Starkstromkabel verlegt. Das bereits installierte Kommunikationskabel liegt direkt ohne jeden Mindesttrennabstand auf den neuen Rohren der Starkstromkabel. Bei Nichteinhaltung des Mindesttrennabstandes sind induktive Übertragungen und Störungen in der Telekommunikation erwartbar. Der Projektleiter sicherte zu, dass nur zwei Kabel verlegt werden. Tatsächlich verlegt wurden jedoch 4 Kabel.

Immissionsschutz

Ein stromdurchflossener elektrischer Leiter erzeugt ein magnetisches Feld

Physikalisch ergibt sich um einen stromdurchflossenen elektrischen Leiter ein magnetisches Feld. Zusammen mit den Funkwellen oft auch als Elektrosmog bezeichnet. Durch das magnetische Feld kann Kraft (Elektromotor, Generator) oder Energie übertragen werden. Dieses Prinzip der Energieübertragung wird zum kabellosen Laden beispielsweise von Tablett-Stiften eingesetzt. Bei Anwendungen für hohe Energien zum Laden von Autos konnte es sich bisher nicht durchsetzen. Ein Nachteil ist der geringere Wirkungsgrad durch Streuverluste im Vergleich zu einer Steckverbindung.

Das entstehende magnetische Feld vergrößert sich mit dem Strom, der durch das Kabel fließt. Der Anschluss anderer Wohngebiete und Stadtteile an die Starkstromkabeltrasse durch das Wohngebiet lässt hohe fließende Ströme und damit hohe magnetische Flussdichten erwarten.

Das magnetische Feld kann durch Metalle abgeschirmt werden, das wird in geschirmten Kabeln z.B. bei Kommunikationskabeln angewandt. Dagegen dämpfen Hausmauern das magnetische Feld nur geringfügig.

 

 

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Das Wohngebiet Hohlgrabenäcker zwischen Zuffenhausen und Zazenhausen. Nur wegen eines Verteilerschranks wird der Gehweg aufgegraben und bis zu acht neue parallele Starkstromkabel direkt vor dem Haus verlegt. Da stellt sich die Frage, warum der Verteilerschrank nicht bei den Kabeln außerhalb des Wohngebiets bleibt.  wie es an anderen Stellen auch gemacht wird. Für die Stuttgart Netze GmbH ergeben sich dadurch nur Vorteile. Für die Anwohner keine Belastung durch magnetische Felder. Bildquelle: Google maps

Die Grenzwerte für die magnetische Flussdichte

Leider gibt es keinen gesetzlichen Mindestabstand zwischen Stromkabeln und Wohnhäusern. Die Abstände ergeben sich jedoch durch die Vorgaben des Immissionsschutzes und das Bundes-Immissionsschutzgesetz. Die Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes 26. BImSchV definiert die Grenzwertempfehlung 100 µT (MikroTesla) für 50-Hz-Felder. Diese Grenzwerte dienen zum Schutz von Personen vor hohen elektrischen und magnetischen Feldern durch die niederfrequenten Anlagen der Energieverteilung. Erfahrungsgemäß sind diese Grenzen sehr hoch gesetzt und werden nach und nach verschärft. Die International Agency for Research on Cancer (IARC/WHO) ein Zweig der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht auf Grund von Langzeitstudien inzwischen davon aus, dass bereits Werte von 300-400 nT (300 Nanotesla = 0,3 MikroTesla) als “potentiell krebserregend” einzustufen sind. Risiken bestehen vor allem für Kinder. Auch die Grenzwerte in Messräumen sind in dieser Größenordnung. Grenzwerte für die Flussdichte gibt beispielsweise die Norm DIN VDE 0100-710. Diese Norm definiert 200 nT (NanoTesla) für Elektroenzephalografie-Räume (EEG-Räume) und 400 nT für Elektrokardiogramm-Räume (EKG-Räume). Das sind Grenzwerte, um die sensiblen Spannungsmessungen bei den Untersuchungen zu ermöglichen.

 

Die zu erwartende magnetische Flussdichte

Welche magnetischen Flussdichten ist nun im Betrieb zu erwarten? Diese Frage ist aktuell nicht zu beantworten. Neben dem Aufbau des Netzes, den Anzahl an parallelen Kabeln, den Abständen zu den Wohnbereichen sind die entstehenden Flussdichten u.a. auch von den verlegten Kabeln und von der Netzauslastung also von den fließenden Strömen abhängig. Ohne diese nötigen Informationen zur Berechnung oder Simulation können Grenzfälle betrachtet werden (best case vs. worst case) und Messungen im Betrieb vorgenommen werden.

 

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Die Ergebnisse aus Laborstudien über die biologischen Wirkungen von elektrischen und magnetischen Feldern. Bei den vollen Symbolen wurden gesundheitliche Auswirkungen festgestellt. Der offiziell anerkannte Grenzwert für die Flussdichte liegt bei 100 µT  (MikroTesla). Jedoch wurden auch deutlich darunter bereits Auswirkungen festgestellt. Das erklärt, warum sich offizielle Grenzwerte (100 µT) und die “Warngrenze” der Weltgesundheitsorganisation (0,3 µT) um den Faktor 333 unterscheiden. Bildquelle: Strahlenschutzkommission, Schutz vor elektrischen und magnetischen Feldern der elektrischen Energieversorgung und -anwendung, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, 2008.

Die Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder auf den Menschen

Das Bundesamt für Strahlenschutz beschreibt die "Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder auf den Menschen". Als "Weitere, wissenschaftlich diskutierte Wirkungen niederfrequenter Felder" werden Neurodegenerative Erkrankungen, Krebserkrankungen bei Erwachsenen, Leukämie im Kindesalter und Elektrosensibilität beschrieben. Menschen die elektrosensibel reagieren zeigen Beschwerden, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Auch potentielle Zusammenhänge mit Alzheimer werden beschrieben. Natürlich ist das wissenschaftlich betrachtet kaum beweisbar. Unumstritten ist aber, dass bei hohen Feldstärken gesundheitliche Wirkungen auftreten. "Je weiter die Schwellen überschritten werden, umso größer sind die gesundheitlichen Risiken" schreibt das Bundesamt für Strahlenschutz weiter. [Bundesamt für Strahlenschutz: www.bfs.de/stromnetzausbau]

 

Selbst wenn Grenzwerte eingehalten werden gilt das Minimierungsgebot

"Die gesetzlichen Grenzwerte für die elektrischen und magnetischen Felder müssen an allen Orten des dauerhaften Aufenthalts nicht nur eingehalten werden, es besteht darüber hinaus noch ein Minimierungsgebot: Bei der Errichtung neuer oder wesentlichen Änderung bestehender Hochspannungsleitungen müssen die nach dem Stand der Technik bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die von der jeweiligen Anlage ausgehenden Felder zu minimieren." [Bundesamt für Strahlenschutz: www.bfs.de/DE/themen/emf/netzausbau/schutz/abstand/abstand-wohngebaeude-stromleitungen.html]

"Auch unterhalb der Grenzwerte sind unvermeidbare Wirkungen auf Mensch und Umwelt aus Gründen der Vorsorge nach dem Stand der Technik auf ein Mindestmaß zu beschränken. Entsprechende Vorsorgemaßnahmen können gewährleisten, dass neue Leitungen die vorhandene Hintergrundbelastung nicht wesentlich erhöhen." [Bundesamt für Strahlenschutz: www.bfs.de/DE/mediathek/multimedia/video/emf/emf-stromleitung-textfassung.html]

 

Das persönliche Fazit

Sehr wahrscheinlich werden im Abstand von zwei Metern und darüber die Grenzwerte eingehalten. Einen Nachweis können oder wollen die Verantwortlichen nicht vorlegen. Schwerer wiegt jedoch, dass die magnetische Flussdichte und damit die Belastung der Anwohner nicht auf ein Mindestmaß beschränkt wird. Dass, sowohl das Minimierungsgebot des Bundesamtes für Strahlenschutz, wie auch die Informationspflicht völlig ignoriert werden. In persönlichen Gesprächen werden von Projektleitern Falschaussagen gemacht. Besonders ärgerlich ist nun die bleibende Belastung durch die Verlegung von Starkstromtrassen mitten durch das Wohngebiet ohne jede Notwendigkeit. Bis heute gibt es keinen erkennbaren Grund, wozu die Starkstromtrasse zu einem Verteilerkasten im Wohngebiet geführt und wieder zurück geführt wird.

 

 

Einsatz eines baggerbetriebenen Hydraulikhammers und einer schweren Rüttelplatte auf den Gehwegen des Wohngebiets

Auslöser war wie oben geschrieben, dass unangekündigt der Zugang zu unserem Haus aufgegraben und über Stunden blockiert wurde. Meine hochschwangere Frau musste über den Garten zu einem Arztbesuch. Darüber kann man noch hinwegsehen, würden nicht zudem die Bauarbeiten unsachgemäß ausgeführt. In nächster Nähe zu Wohnhäusern wurde ein baggerbetriebener Hydraulikhammer zum Öffnen des Gehwegs und eine schwere Rüttelplatte zur Bodenverdichtung eingesetzt. Ein Bagger mit abgefahrenem Gummiprofil fährt sprichwörtlich auf Zähnen umher. Mit dem Abbruchhammer werden seitlich des Baugrabens Spuren gezogen, bevor der Abbruchhammer dann zum Einsatz kommt. Während der Bauarbeiten vibrierte das ganze Haus. Unser Kind wacht seitdem mehrmals in der Nacht mit Alpträumen auf, verzweifelnd schreiend "Nein, nein, neeeeein".
 
Alle tragenden Wände des Hauses zeigen inzwischen Risse. Der zuständige Bauleiter des ausführenden Bauunternehmens Firma Omexom hat inzwischen den Schaden selbst begutachtet. Dabei hat er zumindest zugestanden, dass ein Abbruchhammer nicht eingesetzt werden sollte und dass ein Haus ein paar Jahre nach dem Bau keine derartigen Risse in den tragenden Wänden zeigen darf. Damit bleibt die Wahl zwischen abwarten oder die entstandenen Sachbeschädigungen nun von Gutachtern bewertet zu lassen, gefolgt von juristischen Maßnahmen.

 

 

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Einsatz eines baggerbetriebenen Hydraulikhammers und einer schweren Rüttelplatte auf den Gehwegen des Wohngebiets. Ein Bagger mit abgefahrenem Gummiprofil fährt sprichwörtlich auf Zähnen umher und transportiert schaufelweise das Verfüll-Material durch das Wohngebiet. Der Boden wird beschädigt, weitere Erschütterungen, auch in den Eigenfrequenzen von Häusern werden dabei erzeugt.

Falschaussagen des Baukoordinators der Stuttgart Netze

Aus optischen Gründen müssen Verteilerkasten im Wohngebiet stehen, so die Aussage des zuständigen Baukoordinators der Stuttgart Netze Herr Stavrakidis in einem persönlichen Gespräch. Nur um das Netz an den neuen Verteilerkasten im Wohngebiet anzuschließen, wurden nun zwei Starkstromkabel entlang der Wohnhäuser in das Wohngebiet geführt und auch wieder herausgeführt.

Aus optischen Gründen müssen Verteilerkasten im Wohngebiet stehen. Jedoch wurde genau dieser Grundsatz in derselben Baumaßnahme ein paar Parallelstraßen oberhalb nicht eingehalten. Andere Verteilerkasten derselben Baumaßnahme stehen sogar einfach nur am Wegrand. Im Zuckerbirnenweg hätte man den Verteilerkasten sehr gut seitlich in die Unterführung integrieren können.

 

Während der Baumaßnahmen wurde versichert, dass die acht Leerohre nur für die Zukunft sind. Es werden in den acht Leerrohren nur zwei Kabel verlegt, so die Falschaussage des Baukoordinators. Aktuell wurden bereits vier Kabel eingezogen.

 

 

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Widerspruch der Argumente des Baukoordinators innerhalb derselben Baumaßnahme. An einer Stelle müssen angeblich Starkstromkabel durch das Wohngebiet geführt werden, weil der Verteilkasten aus optischen Gründen im Wohngebiet stehen muss. Diesem noblen Grundsatz widersprechend, wird ein paar Parallelstraßen oberhalb einfach ein neuer Verteilerkasten am Wegrand platziert.

Das Neubaugebiet Hohlgrabenäcker sorgte immer wieder für Schlagzeilen

Das Neubaugebiet Hohlgrabenäcker war leider seit Baubeginn immer wieder in den Schlagzeilen. Letztendlich wurden Versprechungen nicht eingehalten und es gab immer wieder Planabweichungen in der Bebauung und auch bei der Bahnunterführung. Der Redakteur Chris Lederer hat zum Neubaugebiet Hohlgrabenäcker mehrere Zeitungsartikel geschrieben. Die Krönung scheint nun die komplette Sanierung der Energieversorgung. Besonders ärgerlich ist die Verlegung von Starkstromtrassen mitten durch das Wohngebiet ohne jede Notwendigkeit. Es gab Pressemeldungen, aber ohne irgendwelche Details zum Vorhaben. Die Verantwortlichen sprechen von einem Flugblatt, das offensichtlich auch einige Nachbarn erhalten haben. Natürlich verkaufen die Energieversorger diese Sanierung als eine Ertüchtigung des Netzes für die Zukunft und natürlich ist ein hoher Strombedarf vorhanden. Aber rechtfertigt das eine Sanierung nur wenige Jahre nach dem Bau? Auch bei der Planung des Neubaugebietes gab es bereits Wärmepumpen und elektrische Fahrzeuge.

 

 

 

Dr. Michael Gleß
Zuckerbirnenweg 24
Hohlgrabenäcker
70437 Stuttgart-Zuffenhausen-Zazenhausen